Getreu unserem Motto “Working Out Loud” tauschen wir von GANDT Ventures in der jetzigen Situation digital über aktuelle Themen aus und decken Chancen auf, die für Unternehmen und Daily-Business genutzt werden können.
Die Grenzen des digitalen Handels
In den letzten Wochen ist das Thema Digitalisierung in allen Gesellschaftsbereichen wieder vermehrt in den Fokus gerückt. Bedingt durch die Coronakrise und die damit verbundenen Ausgangsbeschränkungen und geschlossenen Geschäften steht der stationäre Handel vor großen Problemen.
Auch wir haben in den letzten Fireside Chats auf die Notwendigkeit einer digitalen Präsenz hingewiesen. Wir wollen aber nicht unerwähnt lassen, dass auch der stationäre Handel seine Daseinsberechtigung hat. Im Idealfall können Online und Offline einander sogar unterstützen.
Online präsent zu sein und einen funktionierenden Onlineshop zu betreiben ist nicht die alleinige Lösung für jedes Unternehmen.
Wir erwähnten bereits in unserem zweiten Fireside Chat die Probleme, denen sich DHL und Co. derzeit gegenübergestellt sehen. Die Versandpartner stoßen in dieser Krisenzeit an ihre Grenzen, noch verstärkt durch den Personalmangel.
Die gegebenen Infrastrukturen im digitalen Handel sind nicht in der Lage, innerhalb von einer derart kurzen Zeitspanne den stationären Handel abzufangen.
Um den eigenen Kunden perfekt versorgen zu können, muss eine Balance zwischen Online und Offline geschaffen werden. Bereits in den letzten Jahren konnten wir feststellen, das diverse „Pure-Online“ Player den Weg in Richtung stationärer Handel gesucht haben. Vordergründig geht es dabei um die Verbindung von Online- und Offline-Handel zu einem rund um die Uhr geöffneten, omnipräsenten Service und Angebot.
OmniChannel Commerce als Lösung
Durch den Einsatz einer Omnichannel Strategie werden alle Bereiche des Handels miteinander verbunden. Somit kann der Konsumenten immer genau dort abgeholt werden, wo er sich gerade befindet. Egal ob der Kunde auf dem Smartphone recherchiert und anschließend im stationären Geschäft kauft oder im Laden eine Onlinebestellung abgibt.
Das Kundenverhalten hat sich bereits vor Covid-19 verändert. Daher mussten Unternehmen neue digitale Marketingmaßnahmen einsetzen, und der Konsument wechselte bereits flexibel zwischen Online- und Offline-Touchpoints.
Zweifellos gibt es nun, bedingt durch die Pandemie, einen erheblichen Schub der Digitalisierung. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass das nun festzustellende veränderte Kaufverhalten der Kunden, selbst nach der Krise, zum Teil beibehalten wird.
Dennoch können wir feststellen, dass trotz dieser wachsenden Nutzung digitaler Medien, viele Unternehmen nach wie vor den Großteil der Umsätze in stationären Geschäften generieren.
Opportunitäten der OmniChannel Strategie
Auch im stationären Handel konnten in den letzten Jahren positive Wachstumszahlen festgestellt werden – bei einer Betrachtung der Gesamtumsätze unabhängig von der Branche, wenngleich wesentlich geringer als der Onlinehandel.
Das Problem ist genau dieses geringe Wachstum: Während das Online-Business in hoher Geschwindigkeit wächst, ist das beim stationären Handel nur sehr mäßig der Fall.
Dem Kunden eine medienbruchfreie Kommunikation zu ermöglichen und somit eine Verschmelzung von Online mit Offline zu schaffen, kann eine Lösung darstellen sich allumfassend aufzustellen.
Daher sollte der Fokus trotz der aktuell großen Einbußen, die der stationäre Handel hinnehmen muss, nicht ausschließlich in Richtung Online Business geshiftet werden.
Natürlich ist das in der aktuellen Situation, bei der Menschen zu Hause bleiben sollen und ihre sozialen Kontakte auf das Nötigste beschränken müssen, nur begrenzt umsetzbar. Dennoch wird es eine Zeit nach dieser Krise geben. Die Geschäfte dürfen in den meisten Gebieten unter bestimmten Bedingungen wieder öffnen. Somit sollte besonders jetzt mit einem Omnichannel-Ansatz an den Kunden herangetreten werden.
Bedeutung lokaler Suchergebnisse Branded vs Nonbranded | Uberall Report April 2020
Betrachten wir die von Uberall, ein Online-Marketing-Unternehmen aus Berlin, im April 2020 veröffentlichte Studie, wird ein weiterer Balance-Akt verdeutlicht, den Firmen bewältigen müssen, um ihre Kunden zu erreichen.
Der erste Schritt in ein stationäres Geschäft beginnt häufig nicht mit dem Betreten der Ladenfläche, sondern mit einer lokalen Suche im Internet.
Uberall konnte in seiner Studie unter anderem feststellen, dass KMUs zu über 80 % durch sogenannte „Unbranded“ Suchresultate gefunden werden.
Um den Konsumenten also zu erreichen, müssen Geschäfte nicht nur unter dem jeweiligen Brandnamen gefunden werden. Sie sollten bei Suchen nach „Café in der Nähe“ oder „Supermarkt“ auffindbar sein.
Selbst Global Brands, die jedermann ein Begriff sind, werden zu über 40 % durch derartige generalistische Suchbegriffe in der lokalen Suche gefunden . Demnach ist es ohne Frage hilfreich, wenn ein lokaler Name etabliert werden konnte. Dennoch sollte das Geschäft auch ohne Markennamen in den Suchen vertreten sein.
Lokaler Bezug auch in der Fashion-Retail Branche
Dieser lokale Bezug begrenzt sich aus unserer Erfahrung nicht nur auf die Gastronomie Branche, wo dies zu erwarten ist. Selbst in der Fashion-Retail Branche konnten wir einen starken lokalen Bezug im digitalen Business feststellen.
Der Aufbau einer lokal etablierten Marke kann sich folglich sowohl im stationären Handel als auch im online Verkauf als lohnenswert herausstellen.
Neben Investitionen in zielgruppengerichtete Marketingmaßnahmen, sollte ein lokaler Ansatz einen Teil der Kundenansprache darstellen. Fakt ist, dass lokale Marketing Aktivitäten dem Geschäft dazu verhelfen können, wertvolle Kunden zu akquirieren.
Branchen Insights – Verlierer und Gewinner in den letzten drei Monaten in der Schweiz
Nicht zu vergessen ist allerdings auch, dass nicht jede Branche unter der aktuellen Situation leidet – oder umgekehrt: Nicht jede Branche kann derzeit ein Wachstumshoch feststellen.
Branchen, deren Produkte bereits vor der Covid-19 Krise häufig online gekauft wurden, sehen sich aktuell vermutlich einem kleineren Problem gegenübergestellt als andere.
Betrachten wir die von Patrick Kessler, Präsident des Verbandes des Schweizerischen Versandhandels, geteilten Wachstumszahlen der letzten drei Monate in der Schweiz, ist genau dieser branchenabhängige Bezug zu erkennen.
Produkte, aus dem Multimedia- oder Freizeitsegment erreichen im Onlinehandel neue Wachstumsrekorde. Auf der anderen Seite steht die Fashionbranche als einer der großen Verlierer der Coronakrise da. Hier sehen wir, dass der Umsatz rückläufig ist, obwohl aktuell die neuen Kollektionen erscheinen sollten und unter normalen Bedingungen ein Anstieg über die Monate zu erwarten wäre.
Ein weiterer Verlierer der Coronakrise ist das Luxussegment. Obwohl die großen Player am Markt, wie beispielsweise der Schweizer Luxusuhren und -schmuck Retailer Bucherer, bereits vor einiger Zeit den Schritt in das digitale Business gemacht haben, muss die Branche eine Stagnation ihres Wachstums hinnehmen.
Click & Collect als Verkaufsstrategie & Teil des OmniChannel Set-Ups
Click & Collect ist sicherlich keine brandneue Verkaufsstrategie, erlebt aber dank des Coronavirus gerade eine Hochphase. Das liegt hauptsächlich daran, dass viele Menschen wegen der aktuellen Situation Waren, die sie bisher immer im lokalen Retailer gekauft haben, häufig im Internet bestellen.
Selbst in der Konsumgütermarken – Branche (FMCG) arbeiten Rewe und dm an einer Umsetzung dieser Verkaufsmethode.
Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh) hat sogar eine einheitliche Regelung gefordert, die stationären Händlern die Abgabe von Waren im kontaktlosen “Click & Collect”-Verfahren erlaubt.
Um die Gesundheit der Kunden und der Angestellten zu schützen, bietet Click & Collect eine Möglichkeit, den stationären Handel mit dem digitalen Business in Einklang zu bringen.
Wir sehen Online immer stärker zu einem Leadgeneration-Netzwerk wachsen, welches den stationären Handel unterstützen kann. Dem Kunden eine Alternative anzubieten, indem er online kauft und im Geschäft abholt, kann ein Modell darstellen, in dem Online zur Unterstützung von Offline genutzt wird.
Offline Handel – eine Option für StartUps und junge Marken
Der stationäre Handel kann auch für Unternehmen, die noch in den Kinderschuhen stecken, eine lukrative Option sein.
Einen Online-Shop zu erstellen ist dank diverser Full-Service Anbieter einfacher denn je. Der Online Shop bietet im Gegensatz zu einem Offline-Geschäft die Möglichkeit, Kunden überall und zu jeder Zeit erreichen zu können. Somit erweitert sich die Gruppe der potenziellen Kundschaft um ein Vielfaches.
Es gibt aber auch gute Gründe, die für eine Offline-Präsenz sprechen. Digitales Marketing in umfangreichem Stil zu betreiben, kann die einem jungen Unternehmen zur Verfügung stehenden Ressourcen schnell übersteigen. Besonders durch die große Anzahl an Konkurrenz-Unternehmen steigen die Budgets in die Höhe. Die Aufmerksamkeit der User zu erreichen, kann teuer werden.
Daher kann Offline eine Option für StartUps und junge Marken darstellen, sich lokal zu etablieren und den direkten Kontakt zur Kundschaft zu suchen. Ein weiterer Vorteil bietet die Möglichkeit direkt Live-Feedback zu erhalten und Optimierungen umzusetzen.
Optimierungsmaßnahmen im digitalen Business müssen dagegen meist erst durch das Userverhalten ermitteln werden – sind meine Bounce Rates so hoch, weil mein Produkt den User nicht anspricht oder liegt es doch an der Performance meiner Website?
Demnach muss jeder Gründer individuell abwägen, ob in seiner Branche und Lokalität, nicht auch ein stationäres Geschäft zum Erfolg führen kann.
Stationäre Läden sind alles andere als tot, wenn man es richtig angeht und einen Omnichannel-Ansatz in Betracht zieht.
Aus unserer Sicht ändert sich zwar die Rolle des stationären Handels langsam, aber es ist auch ein offenkundiger Overlap zwischen Online und Offline vorhanden. Diesen auszunutzen und die Brücke zwischen Online und Offline zu schlagen, wird besonders aktuell und in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen.
Agenda | GANDT Fireside Chat Video #004
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00:00 Intro
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01:02 Die Grenzen des digitalen Handels
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03:43 OmniChannel Commerce als Lösung
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06:14 Bedeutung lokaler Suchergebnisse Branded vs Nonbranded | Uberall Report
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11:09 Lokaler Bezug der FashionRetail Branche
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12:32 Digitalisierungsschub durch Corona
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14:28 BranchenInsights - Verlierer und Gewinner in den letzten drei Monaten in CH
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16:45 Luxusmarken und deren Probleme während Corona
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20:03 Click & Collect als Verkaufsstrategie und Teil des OmniChannel Set-Ups
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23:22 Offline Business als Option für StartUps und junge Marken
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26:52 Outro – Chancen des OmniChannel Setups und Marketing