Getreu unserem Motto “Working Out Loud” tauschen wir von GANDT Ventures in der jetzigen Situation digital über aktuelle Themen aus und decken Chancen auf, die für Unternehmen und Daily-Business genutzt werden können.
Shopify – der bisher größte Gewinner der Coronakrise
Amazon ist gerade in aller Munde und wird häufig als großer Gewinner der Coronakrise betitelt. Auch wir haben in unserem zweiten Fireside Chat die aktuelle Situation von Amazon thematisiert.
Der wahre Überflieger an der Börse heißt aktuell allerdings Shopify.
Denn nicht nur der E-Commerce selbst profitiert von der aktuellen Hochphase der digitalen Medien. Auch diejenigen die das Werkzeug dafür bereitstellen, können Gewinne verzeichnen.
Die Shop-Software von Shopify aus Kanada ist gefragt wie nie und damit steigt auch der Aktienkurs.
Das Unternehmen wurde 2006 von dem aus Deutschland ausgewanderten Tobias Lütke gegründet. Es handelt sich dabei um eine Shop-Software, mit der Händler selbst Online-Shops erstellen können.
Shopify selbst wirbt mit mehr als 1 Mio Unternehmen in 175 Ländern, die mit Hilfe der Software über 155 Milliarden US-Dollar umgesetzt haben. Mit einem Kursanstieg von 82 % seit Beginn des Jahres sprechen die Zahlen für die Erfolgsgeschichte des Unternehmens.
Shopify’s Vorteile im Vergleich
Einer der großen Stärken, der diese Erfolge zugrunde liegen, ist der All-In-One Ansatz von Shopify. Shopify übernimmt fast alle Voraussetzungen oder Hürden, denen ein neuer Shopbetreiber gegenübersteht – vom Hosting bis zur Sicherheit.
Darin liegt auch der grundlegendste Unterschied zu anderen erfolgreichen Shop-Software Unternehmen auf dem Markt. Vergleichen wir beispielsweise WooCommerce und Shopify, übernimmt Letzterer die Komplikationen und technischen Aspekte aus einem Online-Geschäft und ersetzt diese durch benutzerfreundliche Werkzeuge.
Damit geht allerdings auch ein Teil der möglichen Individualisierung verloren.
Abhängig von den jeweiligen Ansprüchen und vorhandenen technischem Know-How, stößt man bei Shopify somit unter Umständen auch schnell an die Grenzen der Anpassungsmöglichkeiten.
Wenn man sich als Shopbetreiber nicht mit Details wie Webhosting und Hosting-Anbietern befassen möchte und schnell einsatzbereit sein muss, dann stellt Shopify aus unserer Sicht, eine gute Wahl dar.
Nun heißt es allerdings dieses durchschlagende Wachstum des Unternehmens auch nach der Coronakrise zu erhalten und den Kleinbetrieben, die die Mehrheit der Shopify Kunden darstellen, zu helfen. Dafür hat das kanadische Unternehmen eine Reihe von Hilfsmaßnahmen gestartet, die sich am Ende für das Unternehmen rechnen sollen.
Kunden können die Shop-Software aktuell 90 Tage kostenlos testen. Sie erhalten bis Oktober kostenfreien Zugriff auf dessen neues E-Mail-Marktingtool und können sich sogar über die Plattform für einen Kredit bewerben.
Matratzen-Startup Casper zieht sich aus Europa zurück
Die andere Seite der Krise sehen wir derzeit bei dem Matratzen-Hersteller Casper. Nur drei Monate nachdem das Unternehmen den Schritt an die Börse wagte, muss Casper 21 % seiner weltweiten Belegschaft entlassen, um 10 Mio US-Dollar zu sparen.
Als Grund für den Sparkurs gibt das Unternehmen die Zwangsschließungen der stationären Geschäfte aufgrund der Corona-Krise an. Ziel sei es nach wie vor, Mitte 2021 die Profitabilität zu erreichen.
Das US-Matratzen-Startup, das durch seine allgegenwärtige Podcast-Werbung bekannt wurde, scheitert nun also auch an dem Versuch, den europäischen Markt zu erobern. Wo genau die Gründe hierfür liegen, können wir nur vermuten.
Allerdings haben wir in der Vergangenheit häufig gesehen, wie US-amerikanische Unternehmen an der Vielfalt der europäischen Marketinglandschaft gescheitert sind.
Das Matratzen-Geschäft erlebt schon seit einiger Zeit einen regelrechten Hype. Grund dafür ist unter anderem die Tatsache, dass das Geschäft zuvor sehr angestaubt und primär im Offline Sektor verankert war.
Die neu entstandenen „Online-Matratzen“ mit vertrauenerweckenden Vornamen wie Casper, Eve oder Emma sollen wohl eine neue, junge Zielgruppe ansprechen. Auch wenn die Start-ups sich als „Pionier der Sleep Economy“ darstellen, tun sie nach wie vor zuallererst eines: Matratzen verkaufen. Und dieses Geschäft stellt sich unter anderem aufgrund einer sehr langen Wiederkauffrequenz als herausfordernd dar.
Fashion Retail während der Coronakrise – Abhängigkeiten und Existenzprobleme der Fashionbranche
Eine weitere Branche, die Fashionbranche, die sich durch Covid-19 in Schwierigkeiten befindet, ist die Fashionbranche. Wir sehen derzeit in fast allen Fashion-Online Store große Rabattierungen, da die Modehändler besonders unter der Coronakrise leiden. Nicht nur durch den kompletten Wegfall des stationären Geschäfts, sondern auch online ist die Nachfrage nach Mode enorm zurückgegangen. Dadurch stapelt sich regelrecht neue und alte Ware.
Die Folge sind Rabattaktionen, mit denen die Modehäuser versuchen, die Ware loszuwerden und von denen der Verbraucher nun profitieren kann.
Netzwerk von Brands, Herstellern und Händlern in der Fashionbranche
Aber wie genau funktioniert die Wechselbeziehung zwischen Marke, Retailer und Hersteller? Warum ist derzeit so viel Ware auf dem Markt, wieso konnte nicht einfach weniger Ware hergestellt werden bedingt durch die aktuelle Situation?
Abhängig von der jeweiligen Marke und dem Verkäufer gibt es diverse Geschäftsbeziehungen in der Fashionbranche, die mitunter ein kompliziertes Netzwerk darstellen. Auf fast jeder Stufe der Herstellung und des Vertriebs gibt es in der Regel einen Großhändler, in manchen Fällen kann die Ware allerdings auch direkt vom Hersteller oder einem Liquidator gekauft werden. Wenn eine Brand seine eigene Linie verkauft, kann diese auch direkt an den Einzelhändler vertrieben werden, oder es werden erneut Großhändler dazwischen geschalten.
In letzterem Fall wird die Ware von einem sogenannten Wholesaler aufgekauft, oder wenn die Marke ihm das Recht dazu einräumt, auch direkt hergestellt. Kleine Einzelhandelsgeschäfte, kaufen ihre Waren von diesen Großhändlern, die die Brands vertreten.
Grundsätzlich basieren viele Verträge in der Fashionbranche basierend meist auf einem Vorkassen-Prinzip. Dadurch ist eine Stornierung von bestellter Ware nur mit erheblichen Verlusten, wenn überhaupt, möglich.
Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Marken selbst die Auswirkungen der Coronakrise als letztes spüren werden. Die Ware wurde bereits abgenommen, und im schlimmsten Fall fällt lediglich ein Teil der Zahlungen aus – wenn der jeweilige Abnehmer nicht zahlungsfähig ist.
Die Retailer bleiben allerdings auf der Ware sitzen, und dadurch sehen wir nun buchstäbliche Rabattschlachten, da auch nur begrenzte Lagerkapazitäten vorhanden sind.
Fashionbranche Insights im Vergleich zu 2019
Wir haben bereits in unserem vierten Fireside Chat die von Patrick Kessler, Präsident des Verbandes des Schweizerischen Versandhandels, geteilten Wachstumszahlen der letzten drei Monate in der Schweiz, betrachtet.
Fortführend zu diesen Insights können wir die genannten Wachstumszahlen nun auch in Relation zum Vorjahr setzen. Kumuliert sehen wir in der Schweiz einen Umsatzanstieg des letzten Quartals im Vergleich zu 2019 von fast 20 %.
Der von der Krise betroffene März sticht mit fast 40 % Wachstum besonders heraus, wobei sich dieser auf die bereits genannten „Gewinner“-Branchen stützt. Fashion oder Luxusartikel können sicher nicht von derartig positiven Nachrichten sprechen, gesamtheitlich betrachtet steht die Online-Branche in der Schweiz allerdings gut da.
Agenda | GANDT Fireside Chat Video #005
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00:00 Intro
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13:00 Matratzen-Startup Casper zieht sich aus Europa zurück
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19:21 Fashionbranche Retail während der Coronakrise – Abhängigkeiten und Existenzprobleme der Branche
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34:20 Branchen Insights im Vergleich zu 2019 | Twitter @vsvch
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37:16 Outro und Ausblick auf Themen nächste Woche